Mallorca Immobilien und der Brexit

Mallorca Immobilien und der Brexit                                                    

Das Thema

Niemand glaubt heute noch wirklich daran, dass Großbritannien und die EU bis zum 31.12.2020 ein Abkommen über einen geregelten Austritt unter Dach und Fach bekommen. Dann steht Europa vor einem Scherbenhaufen in Bezug auf die Beziehungen zu Großbritannien. Von Zoll, über Handelsverträge bis zu Fischereirechten gibt es einen immensen Regelungsbedarf. Wir wollen uns heute nur einem kleinen Teilaspekt zuwenden, nämlich den Fragen, die den Briten, die als Residenten auf der Insel leben, unter den Nägeln brennen.

Die Folgen des Brexit für Residenten und Nichtresidenten und den Tourismus

Große Sorgen um die Zukunft machen sich die britischen Residenten, die auf Mallorca, teilweise schon seit Jahrzehnten, ihren Lebensmittelpunkt haben. Werden ihnen nach dem 31.12.2020 Beschränkungen bezüglich ihres Aufenthaltes, ihrer Erwerbsmöglichkeiten, bei dem Zugang zur spanischen Sozial- und Krankenversicherung haben? Habe ich als britischer Resident Anspruch auf Arbeitslosengeld, muss ich meinen Führerschein umschreiben lassen? Und, und, und. Offiziell sind auf den Balearen 29.532 Briten mit Residenz gemeldet. Nach Schätzungen des britischen Konsulats und Experten sollen aber tatsächlich etwa 60.000 Briten mehr oder weniger ständig auf den Balearen leben, viele schon seit Jahrzehnten. Für diesen Personenkreis kann im Wesentlichen Entwarnung gegeben werden. Voraussetzung ist allerdings, dass sie bis zum 31.12.2020 statt der grünen Residencia-Karte über die „TIE“, die Tarjeta de Identificación de Extranjero, verfügen, die Ausländer aus Drittstaaten – denn ein solcher ist Großbritannien im Verhältnis zur EU ab dem 01.01.2021 – erteilt wird.

Für den Kauf und -Besitz von Mallorca Immobilien seitens britischer Residenten gibt es auch in Zukunft keinerlei Beschränkungen. Sie können zu denselben Bedingungen kaufen, besitzen und verkaufen wie die anderen Residenten auf Mallorca. Ob ihnen das wirtschaftlich möglich sein wird, hängt davon ab, wie sich die Kaufkraft des britischen Pfundes zum Euro entwickelt. Wenn sich der Kaufkraftverlust zwischen britischem Pfund und Euro bis zu 25 % entwickeln wird, wird möglicherweise der Erwerb einer Mallorca-Immobilie für viele Briten nicht mehr möglich sein. Vor denselben Problemen stehen britische Pensionäre, die ihre Rente in britischen Pfund erhalten und dann jeden Monat in Euro 25 % weniger erhielten.

Auch für britische Nichtresidenten gibt es beim Kauf von Mallorca-Immobilien keine Erwerbsbeschränkungen. Teurer wird es allerdings beim Verkauf. Während ein Nichtresidenter aus der EU beim Verkauf einer Immobilie eine pauschale Gewinnsteuer von 19 % zahlt, werden beim Verkauf einer Immobilie durch einen Drittstaatler 24 % Gewinnsteuer fällig. Ein Verlust, den man sich allerdings „schön rechnen“ kann. Denn den Verkaufserlös gibt es im (wahrscheinlich) starken Euro, und beim Umtausch in britische Pfund wird man voraussichtlich einen Gewinn erzielen.

Auch die Tourismusbranche macht sich große Sorgen. Werden die Briten weiterhin Mallorca als Urlaubsziel bevorzugen? Im Jahre 2019 stellten die Briten nach den deutschen mit 23 % die zweitstärkte Touristengruppe der Balearen dar. Sie gaben 3,8 Milliarden Euro aus, und auf diese Einnahmequelle wollen die Balearen nicht verzichten. Marketingmaßnahmen für 2021 stellen deshalb besonders stark auch auf den britischen Markt ab. Und das offenbar zu Recht: Schon einen Tag nach Bekanntgabe der Zulassung des Covid19-Impfstoffes für Großbritannien ergaben die Reisebuchungen für Mallorca für das kommende Jahr ein Plus von 30 %. Allerdings – sollten sich durch den Brexit schwerwiegende Wirtschaftsverwerfungen in Großbritannien, begleitet von höheren Arbeitslosenzahlen, ergeben, könnten die Urlaubsträume der Briten an ihren finanziellen Möglichkeiten scheitern. Ob wird gefragt, ob die Briten für Reisen nach Mallorca zukünftig ein Visum bräuchten? Die Frage ist noch nicht geklärt, eine Visumspflicht allerdings eher unwahrscheinlich. Bei Aufenthalten bis zu 90 Tagen wird wie bisher (voraussichtlich) ein Reisepass genügen. Der Flughafen Palma baut derzeit die Kontrollstellen für Einreisende für 1,8 Millionen Euro aus: statt bisher den Zugang für „EU-Angehörige“ zu nutzen, werden Briten zukünftig den Zugang „Angehörige von Drittstaaten“ nutzen können.

6 Kommentare zu “Mallorca Immobilien und der Brexit

  1. Beate Himmelreich schreibt:

    Selbst wenn die Briten noch in den nächsten Tagen einen “Deal” – ich kann das Wort schon nicht mehr hören – unterschreiben, werden die EU und Großbritannien Milliardenverluste hinnehmen müssen. Und all das nur, weil die Egomanen dieser Welt nicht ihr Gesicht verlieren wollen. Politik? Ein Trauerspiel!

    Beate Himmelreich, Stuttgart

  2. Helmut Weissgerber schreibt:

    Zu den britischen Residenten ist anzumerken, dass die wesentlichen Investitionen auf Mallorca nicht von den unzähligen britischen Rentnern und Klein-Handwerkern getätigt werden, sondern von sehr vermögenden Briten, die sich schon seit Jahrzehnten im High-Class-Bereich der Immobilienwirtschaft tummeln. Diese Investoren haben sich aus dem britschen Wirtschaftssystem längt ausgeklinkt und investieren in Euro, so dass der mögliche Kaufkraftschwund des britschen Pfundes sie nicht interessiert.
    Ihr
    Helmut Weissgerber

  3. Hedda Williams schreibt:

    Können Sie mir etwas zum Krankenversicherungsschutz britischer Touristen bei Mallorca-Reisen sagen? Gilt weiterhin die Europäische Krankenversicherungskarte (EHC)?
    Vielen Dank im voraus.
    Hedda Williams

  4. Lutz Minkner schreibt:

    Antwort auf die Frage von Hedda Williams:

    Guten Tag, Frau Williams,

    leider muss ich Ihre Frage negativ beantworten. Ab dem 01.01.2021 gilt für britische Touristen in Spanien die Europäische Versichertenkarte nicht mehr. Britische Reisende sind somit bei Auslandsreisen in die EU nicht mehr quasi automatisch in allen EU-Ländern versichert und brauchen eine private Reise-Krankenversicherung für ihre Mallorca-Reise, siehe auch hier

    Mit freundlichen Grüßen
    Lutz Minkner

    • Lutz Minkner schreibt:

      Korrektur zu meiner Antwort vom 14.12.2020:

      Guten Tag, Frau Williams,

      nachdem gestern (24.12.2020) in letzter ekunde doch noch ein halbwegs geregelter Brexit vereinbart wurde, entnehme ich heute einer Darstellung der Vertragsinhalte im FOCUS, dass die Parteien für Auslandsreisen ihrer Staatsangehörigen den wechselseitigen Krankenversicherungsschutz durch die Versicherungen der Heimatländer vereinbart haben. Die Europäischen Versicherungskarten sollen – so sie noch nicht abgelaufen sind – weiterhin Gültigkeit haben. Weitere Details sollen erst in den nächsten Wochen veröffentlicht werden. Sie sehen, es bleibt spannend.

      Mit freundlichen Grüßen
      Minkner & Partner S.L.
      Lutz Minkner

  5. Hans-Werner Hegemann schreibt:

    Gestern lief ja nun wiedereinmal die “letzte Frist” für den Nach-Brexit-Deal ab, und die Regierungen haben wohl keine Möglichkeit mehr, noch in diesem Jahr dem Deal zuzustimmen. Erneut setzen die Briten ihr erpresserisches Spiel fort und zocken bis zur letzten Sekunde (31.12.2020, 24.00 h). Man darf gespannt sein, wie lange sich die anderen Mitgliedsstaaten dieses falsche Spiel noch gefallen lassen. Wie sang schon Howard Carpendale “Geh doch!”

    Hans-Werner Hegemann

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