Unterverbriefung auf Mallorca – ein Auslaufmodell

In der 1. Auflage meines „Immobilien-Ratgebers SPANIEN – Alles über Recht und Steuern“ im Jahre 2006 zitierte ich einen spanischen Rechtsanwalt, der in seiner wöchentlichen Kolumne für das Mallorca Magazin geschrieben hatte, die Unterverbriefung gehöre zu Spanien wie der Stierkampf.

Um es vorweg zu nehmen: Unterverbriefung und Stierkampf sind in Spanien Auslaufmodelle im Zusammenhang mit Immobilien Mallorca. In der täglichen Beratungspraxis gibt es jedoch immer wieder die Frage, ob man nicht im Sinne einer Steueroptimierung (besser –minimierung) einen Teil des Kaufpreises nicht außerhalb der Escritura vereinnahmen könne. Ein Grund, sich dieses Themas hier ausführlicher anzunehmen.

Richtig ist, dass in den vergangenen Jahrzehnten bei Immobiliengeschäften in Spanien die Unterverbriefung eher die Regel als die Ausnahme war. Das Rad wurde nicht etwa von internationalen Kaufinteressenten in Schwung gebracht, die auf Mallorca Schwarzgeld unterbringen wollten, sondern zunächst von spanischen Eigentümern, deren Devise lautete „Hälfte weiß / Hälfte schwarz“ – oder für Eingeweihte A und B.

Für Verkäufer und Käufer schien das Geschäft vorteilhaft: Der Verkäufer machte den größten Reibach, denn er sparte auf den nicht deklarierten Gewinn die Einkommen(Gewinn)Steuer, die für Nichtresidente einst mehr als ein Drittel des Gewinns ausmachte und die entsprechende Plusvalia auf den Grundstücksanteil; der Käufer sparte auf den nicht deklarierten Betrag die Grunderwerb- oder Mehrwertsteuer sowie anteilige Notar-, Register- und Gestoriakosten. Wenig beachtet wurde allerdings auf der Käuferseite, dass dieser Deal für ihn einen Bumerangeffekt, nämlich zu dem Zeitpunkt, in dem er seine Immobilie an einen Dritten verkaufen wollte. Fand er dann nämlich keinen Interessenten, der auch einen Kaufpreisanteil schwarz zahlen konnte, musste er einen Gewinn versteuern, den er gar nicht gemacht hatte – und im Ergebnis die Steuern (nach)zahlen, die an sich der Ersteigentümer an den Fiskus hätte entrichten müssen. Diese Einsicht griff immer mehr Platz, so dass meines Erachtens hierin der Hauptgrund liegt, dass die Unterverbriefung heute ein Auslaufmodell ist.

Hinzu kamen Kontrollen und Beschränkungen des deutsch-spanischen Zahlungsverkehrs (z.B. Meldepflicht für Bargeldtransporte über die Grenzen ab 10.000 €), die die Bewegungen von Schwarzgeld erschwerten und den internationalen, aber auch den innerspanischen Zahlungsverkehr transparenter machten. Ab 1. Januar 2015 gibt es einen erweiterten Informationsaustausch zwischen den spanischen und deutschen Finanzbehörden, in dessen Folge Informationen über Bankverbindungen, Immobilienübertragungen, Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit in Spanien und Rentenbezüge zwischen Spanien und Deutschland ausgetauscht werden. Parallel dazu organisierten sich die spanischen Finanzbehörden auf ein hohes Niveau: Von jeder notariellen Urkunde erhält der Fiskus eine Ausfertigung. Er ist dann berechtigt, den beurkundeten Immobilienwert zu überprüfen und ggfs. neu festzusetzen sowie einen etwaigen Differenzbetrag nachzuversteuern. Hierfür hat das Finanzamt einen Zeitraum von vier Jahren ab dem Zeitpunkt der Beurkundung des Kaufvertrages. Gegen die Festsetzung des Finanzamtes gibt es Rechtsmittel. Will man bestimmte Gestaltungsspielräume bei der Festlegung des Kaufpreises nutzen, raten Steuerberater, Rechtsanwälte und Makler im Allgemeinen, in der notariellen Urkunde mindestens einen Kaufpreis auszuweisen, der dem Doppelten des Katasterwertes der Immobilie entspricht. In einigen Autonomen Regionen gibt es auch die Möglichkeit, vor dem Verkauf vom Finanzamt eine Auskunft über den Marktwert der Immobilie abzufragen. Dies schließt in aller Regel spätere Überprüfungen und Nachforderungen des Finanzamtes aus.

Und schließlich: Bei eklatanten Unterverbriefungen wird regelmäßig auch ein Bußgeld- oder Strafverfahren eingeleitet. Die verhängten Geldstrafen liegen in der Regel zwischen 50 % und 150 % der hinterzogenen Steuern. Ab 120.000 € hinterzogenem Steuerbetrag handelt es sich um eine Straftat, für die eine Haftstrafe zwischen einem und sechs Jahren sowie eine Geldstrafe bis zum Sechsfachen des hinterzogenen Betrages ausgesprochen werden kann.

Und zu Allerletzt: Es wird immer schwieriger, größere Mengen Bargeld „unter die Leute“ zu bringen: International gibt es Gesetze oder zumindest Bestrebungen, größere Zahlungen mit Bargeld zu regulieren, wenn nicht die Herkunft des Geldes zweifelsfrei nachgewiesen werden kann mit der Erklärung, dass die Beträge im Herkunftsland ordnungsgemäß versteuert wurden. Ich erinnere an die in den letzten Monaten in Deutschland angefachte Diskussion, das Bargeld überhaupt abzuschaffen. Unterverbriefung – ein Auslaufmodell? Mehr noch – ein Vertragsmodell, das praktisch vom Markt verschwunden ist.

2 Kommentare zu “Unterverbriefung auf Mallorca – ein Auslaufmodell

  1. Felix Herdegen schreibt:

    Hälfte schwarz, Hälfte weiß – das war fast schon Gewohnheitsrecht in Spanien. Viele mussten weißes, versteuertes Geld zu schwarzem machen, um überhaupt eine Immobilie kaufen zu können. Nun haben sie, wenn sie verkaufen wollen, den doppelten Schaden und müssen einen buchmäßigen “Gewinn” versteuern, den sie gar nicht gemacht haben. Eine seltsame Welt. Felix Herdegen

  2. Pedro LLinas Wagner schreibt:

    Ich verstehe ja, dass der Staat seine umfangreichen Aufgaben durch Steuern finanzieren muss. Aber …… warum wollen die Verkäufer einen teil des Kaufpreises schwarz kassieren? Weil die Steuern in Spanien unerträglich hoch sind und das Arbeiten kaum noch Spaß macht: Hat man endlich ein Gehalt, von dem man gut leben könnte, nimmt einem der Staat die Hälfte weg. Dann muss ich das mit “Hälfte schwarz, Hälfte weiß” kompensieren. Pedro Llinas Wagner

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