“Das kommt mir spanisch vor“ – Immobilien-Kauf in Spanien | Unterschiede zwischen spanischem und deutschem Recht
In 2022 haben etwa 72 Millionen ausländische Touristen ihren Urlaub in Spanien verbracht, darunter 9,8 Millionen Gäste aus Deutschland. Viele Touristen verlieben sich in ihren spanischen Urlaubsort und überlegen, dort ein Feriendomizil zu kaufen oder gar dauerhaft in Spanien leben zu wollen. Ein großer Schritt verbunden mit großem Kapitaleinsatz, der wohl überlegt sein und nie ohne Begleitung fachkundiger Berater vorgenommen werden sollte. Viele Spanienfreunde werden schon Eigentümer einer Immobilie in Deutschland sein und meinen, auf die Hinzuziehung von deutsch-spanischen Experten verzichten zu können. Doch es gilt zu bedenken, dass unabhängig von sprachlichen Hürden die Unterschiede zwischen dem spanischen und deutschen Recht groß sind. Einige davon will ich nachfolgend darstellen.
Formvorschriften für den Immobilienkauf
Im deutschen Recht ist für den Kaufvertrag die notarielle Form zwingend vorgeschrieben (§ 311b Abs. 1 BGB). Das Eigentum an der Immobilie geht in Deutschland erst durch die Auflassung und die Eintragung im Grundbuch über (§§ 925, 873 BGB). Auch Vorverträge, die eine Pflicht zum Kaufen oder Verkaufen enthalten, müssen notariell beurkundet werden. Fehlt es an der notariellen Form, ist der Vertrag nichtig (§125 S. 1 BGB).
Anders das spanische Recht: Hier sind alle Verträge – auch Kaufverträge über Immobilien – wirksam, gleichviel ob sie mündlich, privatschriftlich oder in notarieller Form geschlossen wurden (Art. 1278 CC), wenn sich die Parteien über die wesentlichen Vertragsbestandteile geeinigt haben. Das Eigentum geht schon mit der Einigung und Übergabe der Immobilie (meist durch Schlüsselübergabe) über. Zwar bestimmt Art. 1280 Nr. 1 CC, dass Grundstückskaufverträge in notarieller Form geschlossen werden müssen, was jedoch nicht die Wirksamkeit beeinträchtigt, vielmehr den Parteien das Recht gibt, sich wechselseitig auf Erfüllung und Nachholung der notariellen Form gerichtlich in Anspruch nehmen zu können. In der Vergangenheit wurden Immobilienübertragungen in Spanien ohne notarielle Beurkundung häufig vorgenommen, um die mit der Übertragung fälligen Steuern zu sparen, bzw. insoweit die Verjährung abzuwarten. Allerdings: Nur ein notariell beurkundeter Immobilien-Vertrag kann im Grundbuch eingetragen werden und löst dann den Gutglaubensschutz aus.
Vorverträge
In Deutschland höchst selten, in Spanien die Regel: Wohl wegen der in Spanien gegebenen Formfreiheit von Verträgen über Immobilien ist es in Spanien üblich (aber nicht zwingend), dass die Parteien vor dem Gang zum Notar einen Vorvertrag schließen. Das macht meist auch Sinn, da die Parteien oft noch vor dem Gang zum Notar einiges zu regeln haben: Der Käufer muss sich Gedanken machen, ob er als natürliche Person oder in einer Gesellschaftsform die Immobilie kaufen will. Dabei sind familien-, erbschafts- und steuerrechtliche Fragen zu berücksichtigen. Muss der Käufer den Kaufpreis finanzieren, sind entsprechende Gespräche mit der Bank zu führen. Auch der Verkäufer muss meist Schularbeiten machen und notwendige Dokumente (Bewohnbarkeitsbescheinigung, Energiezertifikat, Bescheinigung des Rathauses, dass keine Verstöße gegen Bauvorschriften vorliegen, und, und, und) besorgen. All diese Fragen können als Bedingungen in den Vorvertrag aufgenommen werden.
Es gibt verschiedene Arten von Vorverträgen, die für die Parteien auch sehr unterschiedliche Bindungsfolgen haben: Da ist zunächst der relativ unverbindliche Reservierungsvertrag, der den Verkäufer gegen Zahlung einer meist geringen Reservierungsgebühr verpflichtet, innerhalb einer meist kurzen Frist die Immobilie nicht Dritten anzubieten. Dann gibt es den Optionsvertrag, mit dem der Kaufinteressent durch Zahlung einer Optionsgebühr (meist 10 % des Kaufpreises) das Recht erwirbt, innerhalb einer Optionsfrist die Immobilie zu festgeschriebenen Konditionen kaufen zu dürfen. Meist ist dieser Optionsvertrag mit einer Verfallklausel bezüglich der Optionsgebühr versehen, wenn der Kaufinteressent schuldhaft nicht innerhalb der Optionsfrist kauft. Und schließlich gibt es – die heute zumeist genutzten – Anzahlungs- und Arrasverträge, die die Anzahlung mit Bedingungen versehen, unter denen sie zugunsten der anderen Vertragspartei verfallen können.
Pflichtenkreis des Notars
Die Pflichtenkreise des deutschen und des spanischen Notars sind in beiden Rechtssystemen sehr unterschiedlich gestaltet. Der deutsche Notar hat eine umfassende Prüfungs- und Belehrungspflicht: Nach § 17 Abs. 1 BeurkG muss er den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt aufklären und die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren. Dabei hat er nicht nur die aktuelle Rechtsprechung zu beachten, sondern auch Tendenzen in Forschung, Lehre und Rechtsprechung. Sieht der deutsche Notar, dass für einen Beteiligten Schaden eintreten könnte, ist er verpflichtet, darauf aufmerksam zu machen und alternative Gestaltungsvarianten vorzuschlagen. Bei Verbraucherverträgen muss der deutsche Notar darauf achten, dass der Verbraucher hinreichend Gelegenheit hatte, sich durch einen Rechtsanwalt oder anderweitig beraten zu lassen, weshalb ein Urkundenentwurf 14 Tage vor der Beurkundung dem Verbraucher zur Verfügung zu stellen ist.
Der spanische Notar hat dagegen einen recht beschränkten Pflichtenkatalog: Er muss sich von der Identität der Parteien überzeugen, einen aktuellen Grundbuchauszug anfordern und die Parteien über den Inhalt des Grundbuchs informieren. Weiter müssen dem Notar bei der Beurkundung ein Katasterauszug, die Bewohnbarkeitsbescheinigung, das Energiezertifikat und die Quittung über die Zahlung der Gemeindesteuer vorliegen. Der spanische Notar nimmt jedoch keine inhaltliche Überprüfung vor, ob z.B. die Parteien einen ausgewogenen Vertragsinhalt vereinbart haben oder ob eine Partei möglicherweise übervorteilt wurde. Allerdings ist der Pflichtenkreis des spanischen Notars durch zahlreiche Einzelvorschriften in den letzten Jahren deutlich erweitert worden, insbesondere aus Gründen des Verbraucherschutzes. Ein Beispiel ist das Hypothekengesetz von 2019, das vor der Beurkundung eines Hypothekenvertrages eine umfassende Erläuterung und Belehrung des Verbrauchers durch den Notar vorsieht.
Abwicklung nach der Beurkundung
Die Arbeit des deutschen Notars endet noch nicht mit der Beurkundung: Er reicht nach der Beurkundung eine Abschrift oder eine Mitteilung bei den gesetzlich vorgegebenen Stellen (z.B. Finanzamt, Gemeinde) ein, besorgt etwa notwendige Genehmigungen und Zustimmungen und fordert Löschungsbewilligungen an. Weiter überwacht er, ob und dass die Zahlungen gemäß den getroffenen Vereinbarungen abgewickelt werden. Dann kontrolliert er, ob die Vereinbarungen der Urkunde ordnungsgemäß im Grundbuch eingetragen sind. Kurzum: Der deutsche Notar übernimmt die gesamte Abwicklung und den Vollzug des Vertrages.
In Spanien ticken die Uhren anders: Nach der Beurkundung schickt der Notar eine Nachricht an das Grundbuchamt über das beurkundete Rechtsgeschäft. Diese Nachricht löst eine Sperre des Grundbuchs aus, damit der Verkäufer z.B. nicht ein zweites Mal verkaufen oder belasten kann. Die weitere Abwicklung der Kaufurkunde wird in Spanien nicht mehr vom Notar betrieben, sondern von den Rechtsanwälten der Parteien oder sog. Gestorias. Diese erledigen insbesondere den gesamten Verkehr mit dem Finanzamt und dem Grundbuchamt, zahlen die Übertragungssteuern ein, erledigen bei nichtresidenten Verkäufern die Einzahlung des 3 %-igen Einbehalts als Vorschuss auf die Gewinnsteuer und legen schließlich die Urkunde zusammen mit den Zahlungsnachweisen und etwaigen Löschungsbewilligungen dem Grundbuchamt zur Eintragung des Eigentumswechsels vor.
Sie sehen, es gibt erhebliche Unterschiede beim Immobilienkauf zwischen Deutschland und Spanien. Doch keine Bange: Wenn Sie mit Bedacht und Sorgfalt sowie Begleitung durch einen fachkundigen Experten und einen spanischen Notar Ihren Immobilienkauf in Spanien planen und durchführen, kaufen Sie auch in Spanien sorgenfrei und sicher.
Liebes Minkner-Team,
da wir gerade in der Endphase einer Kaufentscheidung stehen, danken wir Ihnen für diese Darstellung der Unterschiedde zwischen dem deutschen und dem spanischen Recht beim Immobilienkauf. Interessant waren besonders die Ausführungen zum Pflichtenkreis des spanischen Notars, der offenbar sehr viel kleiner ist als in Deutschland. Wir werden deshalb vorsorglich einen Rechtsanwalt mit der Vertragsvorbereitung beauftragen.
Mit freundlichen Grüßen
Ellen Herford
und das Wichtigste ist, dass beim Notartermin ein vereidigter Dolmetscher anwesend ist und man einige Tage vor der Unterschrift eine deutsche Fassung des Vertrages bekommt. Nie unterschreiben, was man nicht versteht!
Peter Burwitz