Marga Prohens im Amt: Neue Besen kehren gut!

Marga Prohens im Amt: Neue Besen kehren gut! Die Wahlversprechen der PP und ihre Umsetzung
von Lutz Minkner

Seit drei Monaten ist die konservative Politikerin Marga Prohens die Ministerpräsidentin der Balearen. Sie verspricht einen tiefgreifenden Wandel in der Politik und die Schaffung eines Rahmens, in dem die Menschen in Freiheit leben können. Statt auf Regulierung wie die linke Vorgängerregierung setzt sie auf neue Ideen. Sie verspricht, alle Moratorien aufzuheben und zentralspanische Gesetze nicht anzuwenden oder zu modifizieren, soweit den Balearen als Autonomer Region dies gesetzlich zugestanden ist. Da entgegen der Erwartung vieler in Zentralspanien keiner der Blöcke in der Lage ist, eine Regierungsmehrheit zu finden und möglicherweise Neuwahlen zum Jahresende ins Haus stehen, werden zunächst nur die Wahlversprechen der Balearen-PP umgesetzt werden können, die in ihre Kompetenz fallen. Einige der Änderungen hat Prohens bereits in den ersten 100 Tagen ihrer Regierungszeit umgesetzt.

Änderung der Erbschaftsteuer

Schon wenige Tage nach ihrem Amtsantritt hat Prohens tiefgreifende Veränderungen im Bereich der Erbschaftsteuer vorgenommen, indem sie die Erbschaftsteuer für nahe Verwandte abgeschafft hat (dabei ist der Begriff „abgeschafft“ terminologisch nicht sauber, denn die Balearen hätten nicht das Recht, die Erbschaftsteuer abzuschaffen. Rechtstechnisch handelt es sich um eine Bonifikation von 100 %). Das entsprechende Gesetz wurde am 18.07.2023 im Amtsblatt veröffentlicht und ist seitdem in Kraft. Erbschaften zwischen Eltern und Kindern, Großeltern und Enkeln sowie zwischen Eheleuten sind jetzt auf den Balearen steuerfrei. In der Verwandtschaftsgruppe III, also zwischen Geschwistern, Onkeln und Tanten mit Nichten und Neffen wird die Steuer um 50 % reduziert. Wenn Nachkommen vorhanden sind, beträgt die Reduzierung der Steuerlast 25 %. Durch dieses Gesetzesdekret haben die Balearen voraussichtlich jährliche Steuermindereinnahmen von 60 Millionen Euro.

In der Vergangenheit war es so, dass in den Verwandtschaftsstufen I und II für die ersten 700.000 € des Nachlasses ein Steuersatz von 1 % galt, danach stieg er progressiv bis zu einem Höchststeuersatz von 20 %. Die neuen Vergünstigungen gelten auch für den sog. Nachfolgepakt zu Lebzeiten, der steuerlich als Erbschaft zu Lebzeiten gewertet wird.

Die Eile des Gesetzgebers hat jedoch zu einem gravierenden redaktionellen Fehler geführt: Das neue Gesetz gilt nach dem Gesetzestext – entgegen der ausdrücklichen Erklärung der Regierung vor der Veröffentlichung – nur für Residente. Nichtresidente müssen Erbschaften zurzeit noch nach den alten Regeln versteuern. Die Auslassung der Nichtresidenten im neuen Gesetz verstößt aber zweifelsfrei gegen das Benachteiligungsverbot der EU. Ein Steueranwalt hat bereits eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof angekündigt. Doch dazu wird es wohl nicht kommen. Die Regierung hat eine kurzfristige Gesetzesänderung angekündigt, die Residente und Nichtresidenten gleich behandeln soll.

Achtung: Obwohl die Erbschaft- und Schenkungsteuer in einem Gesetz geregelt sind, erfassen die neuen Vorschriften nicht die Schenkungsteuer. Hier bleibt es dabei, dass Schenkungen in den Steuerklassen I und II mit einer Flatrate von 7 % versteuert werden müssen.

Vermögensteuer

Prohens hatte im Wahlkampf auch angekündigt, die Vermögensteuer ganz oder schrittweise abzuschaffen. Die Rechtslage ist derzeit so, dass das spanische Vermögensteuergesetz den Autonomen Regionen gestattet, die Vermögensteuer ganz oder teilweise auszusetzen. Die Einnahmen aus der Vermögensteuer stehen nicht dem Zentralstaat, sondern der Autonomen Region zu. Die konservativ regierten Autonomen Regionen Madrid und Andalusien hatten für ihr Gebiet die Vermögensteuer zu 100 % ausgesetzt. Das fand nicht den Beifall der Zentralregierung, und so schuf der Sozialist Sánchez im Dezember 2022 die sog. Reichensteuer, die einen fast deckungsgleichen Regelungsinhalt wie die Vermögensteuer hat, aber dem Zentralstaat zusteht. Die Reichensteuer greift allerdings nur dann, wenn das Vermögen nicht der Vermögensteuer unterliegt. Mit anderen Worten: eine Strafaktion zu Lasten der konservativ regierten Regionen, die die Vermögensteuer abgeschafft hatten. Die Zulässigkeit der Reichensteuer wird demnächst vom spanischen Verfassungsgericht geprüft werden. Solange für den Zentralstaat die Reichensteuer besteht, macht also derzeit die Abschaffung der Vermögensteuer wenig Sinn. Allerdings: Die Reichensteuer greift erst ab einem Vermögen von über 3 Millionen Euro, während die Vermögensteuer der Balearen Freibeträge von 1.000.000 € (Residente) bzw. 700.000 € (Nichtresidente) vorsieht. Erster Schritt der Balearen-Regierung könnte sein, die Vermögen bis 3 Millionen von der Vermögensteuer freizustellen.

Grunderwerbsteuer

Um die Eigentumsbildung junger Familien zu fördern, gibt es auch Änderungen in der Grunderwerbsteuer: Für den Kauf des ersten Wohnsitzes für unter 30-Jährige und Menschen mit Behinderung entfällt die Grunderwerbsteuer unter der Voraussetzung, dass der Einzeldeklarierende nicht mehr als 52.800 € p.a. verdient und Doppelverdiener nicht mehr als 84.480 € und der Kaufpreis der neuen Wohnung nicht über 270.151 € liegt. Für die Gruppe bis einschließlich 34 Jahre ermäßigt sich die Grunderwerbsteuer um 50 %. Durch diese Maßnahme haben die Balearen voraussichtlich jährliche Steuermindereinnahmen von 15 Millionen Euro.

Stadtentwicklung

Das Wohnungsproblem auf Mallorca war eines der wichtigsten Themen im Wahlkampf. Die damalige Opposition und jetzige Regierungsmannschaft warf der damaligen Linksregierung vor, zu wenig für den Wohnungsbau im Allgemeinen und für die Stadtplanung getan zu haben. Nach Gesprächen mit Mieterorganisationen, Bauträgern und anderen am Wohnungs- und Baumarkt Beteiligten soll noch in diesen Tagen ein Dekret erlassen werden, das einerseits die Bauvorschriften lockern, andererseits genauer definieren soll. Diese Vorschriften sollen auch definieren, in welchem Rahmen sich die Preise für neue Projekte bewegen sollen und wer bevorzugt als Käufer in Frage kommt. So soll z.B. die Umwandlung von leerstehenden Ladenlokalen und Bürogebäuden in Wohnraum zukünftig möglich sein. Auch die Umwidmung von heruntergekommenen Hotels zu Wohnraum soll erleichtert werden. Weiter soll die Größe der Wohnungen reduziert werden, nachdem festgestellt wurde, dass viele Wohnungen zu groß und damit auch zu teuer sind. Deshalb soll die Teilung von vorhandenem Wohnraum und Schaffung kleinerer Einheiten von mindestens 60 m² gestattet werden. Auch die Aufstockung von Häusern soll unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein. Das alles läuft unter dem Stichwort „Verdichtung“. Ein weiterer wichtiger Punkt aus dem Maßnahmenkatalog: Grundstücke im Besitz der öffentlichen Hand sollen privaten Bauträgern für Wohnungsbauprojekte für eine Nutzungsdauer von 50 bis 70 Jahren zur Verfügung gestellt werden (ähnlich dem deutschen erbbaupachtrecht). Dafür dürfen die gebauten Wohnungen nur für gedeckte Preise auf den Markt kommen.

Und was sonst noch auf der Agenda steht

Auf der Agenda der neuen Balearen-Regierung stehen noch zahlreiche weitere Punkte. So soll die Einkommensteuer (IRPF) der Residenten gesenkt werden. Dies betrifft Residente mit niedrigen und mittleren Einkommen. Eigentümer von Wohnraum, die diesen in die Vermietung geben, sollen zusätzliche Steuervorteile erhalten. Weiter soll die Verwaltung entbürokratisiert werden, um z.B. die Erteilung von Baugenehmigungen zu erleichtern. Dazu sollen Systeme zur Digitalisierung der Bearbeitung von Anträgen eingeführt werden. Und, und, und.

Wir dürfen gespannt sein, ob die neue Regierung das begonnene Tempo bei der Umsetzung ihrer Agenda beibehält, denn der Wähler hat Veränderung gewählt und will sie nun auch sehen. Denn „nach der Wahl ist vor der Wahl“.

1 Kommentar zu “Marga Prohens im Amt: Neue Besen kehren gut!

  1. Siegfried Steinmeier schreibt:

    Nacht acht Jahren politisch, ideologisch geprägter Politik, scheinen nun Vernunft und Sachverstand Einzug zu halten. Das lässt hoffen.

    Siegfried Steinmeier

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