Kunst als Kapitalanlage, eine Frage der Rendite

Kunst als Kapitalanlage oder finanzielle vs. emotionale Rendite

Seit 50 Jahren gibt es den CAPITAL Kunstkompass, in dem die Top Hundert der Künstler weltweit gelistet werden. Die aktuelle Liste wird angeführt von Gerhard Richter, Bruce Naumann, Georg Baselitz, Rosemarie Trockel und Cindy Shermann. Bei der Rangfolge spielen nicht die erzielten Verkaufspreise oder Auktionserlöse eine Rolle, sondern Einzelausstellungen in den führenden, internationalen Museen, die Teilnahme an Gruppenausstellungen, Besprechungen in renommierten Fachzeitschriften und Ankäufe durch Museen, bekannte Privatsammlungen und durch die öffentliche Hand. Eine weitere Kategorie des CAPITAL Kunstkompass sind die „Stars von morgen“, überwiegend junge Künstler, die neue Strömungen im internationalen Kunstmarkt vertreten. Egal, ob Alt-Stars oder Stars von morgen, die Aufnahme in den Kunstkompass bezeugt die Wertschätzung durch die Fachwelt, wirkt sich auf den Marktwert des Künstlers und seiner Arbeit aus. Und damit kommen wir zum Thema: Eignet sich Kunst als Kapitalanlage?

Diese Frage ist besonders relevant, wenn man berücksichtigt, dass allein in Deutschland die privaten Haushalte ein Geldvermögen von 7 Billionen Euro besitzen und nach attraktiven Anlageformen suchen. Ist Kunst da eine Alternative zu Unternehmensbeteiligungen, Aktien, Gold, Immobilien oder dem guten, alten Sparbuch? Immerhin sind im vergangenen Jahr weltweit Kunstwerke und Antiquitäten in einem geschätzten Wert von 65 Mrd. US-Dollar verkauft worden. Anders als die herkömmlichen Kapitalanlagen hat Kunst nicht nur einen Sachwert, sondern auch einen emotionalen Wert, der durch die Ästhetik des Werks, die Auseinandersetzung mit ihm, die Freude, es zu besitzen und sich mit ihm zu umgeben, entsteht. Nach einer 35-jährigen Tätigkeit (auch) als Galerist kann ich resumieren, dass die meisten Käufer von Kunst sich vorrangig bei ihrer Kaufentscheidung von diesen emotionalen Gesichtspunkten leiten lassen als von der Erwartung einer schnellen Wertsteigerung des Kunstwerkes.

Wer Kunst als Kapitalanlage kauft, kann sich verschiedener Kanäle bedienen, z.B. Direktkauf beim Künstler, bei Galerien, über Auktionshäuser, Ausstellungen und Messen sowie Online-Marktplätze. Stets sollte man ein Kunstkauf nicht ohne Hilfe eines geeigneten Beraters tun. Gern bieten sich Galeristen als Berater an. Hier ist allerdings die Neutralität oft in Zweifel zu ziehen, wenn der Galerist selbst der Anbieter des Kunstwerks ist. Gut beraten ist man in aller Regel, wenn man einen Art-Consultant hinzuzieht. Diese sind in der Kunstszene bestens vernetzt, haben Zugriff auf die wichtigsten Datenbanken und haben Kontakte zu Galerien und Künstlern. Die Art-Consultants nehmen dem Interessenten die Recherche, die Vorgespräche und die Moderation der Kaufverhandlungen ab. Man muss einfach wissen:  Der Kunstmarkt ist für den Laien undurchschaubar und folgt eigenen Gesetzen. Die Grundregel lautet, dass man Kunstwerke „zum richtigen Zeitpunkt und zum richtigen Preis kaufen muss“. Das kommt Ihnen gewiss vom Aktienmarkt bekannt vor. Nur: Wann sollte man welche Werke von welchem Künstler kaufen?

Aufs „sichere Pferd“ setzt man, wenn man Werke arrivierter Künstler kauft, z.B. aus den Top Hundert oder Top Fünfhundert. Gutes Wertsteigerungspotenzial bieten natürlich auch die „Stars von morgen“. Deutlich unsicherer sind schon die Chancen mit jungen, aufstrebenden Künstlern, die schon einige beachtete Ausstellungen und Rezensionen hatten. Allerdings, junge „gepuschte“ Künstler können auch schnell wieder an Aufmerksamkeit und damit Marktwert verlieren. Hilfestellung bei der Künstlerauswahl können Internetportale wie artprice.com bieten, die die Bewertung der Arbeiten des Künstlers in Auktionen aufzeigen. Werke bekannter Künstler haben zudem den Vorteil der vergleichsweise stabilen Handelbarkeit. Was soll ich kaufen? Natürlich haben Originale aus dem Bereich der Malerei das höchste Wertsteigerungs-Potenzial. Bei Fotografie und Skulpturen sollte nur Arbeiten mit kleinen Auflagen gekauft werden. Junge Sammler beginnen meist mit signierter Druckgrafik in kleinen Auflagen, die allerdings in der Regel kein großes Potenzial haben.

Fazit: Der Finanzmarkt und der Kunstmarkt bieten Produkte an. Während man bei Aktien und Anleihen die Wertentwicklung täglich an den Börsenkursen ablesen kann, hat man beim Kunstmarkt nur durch den Vergleich von Auktionsergebnissen eine ungefähre Vorstellung der Wertentwicklung. Der Kunstmarkt ist im übrigen geprägt von hohen jährlichen Preisfluktuationen und stark der aktuellen Mode unterworfen. Damit ist das Investment in Kunst keine vorhersehbare Geldanlage, bei der Zins- und Renditeentwicklung kalkuliert werden können. Dennoch rate ich gern, einen kleinen Teil des Vermögens in Kunst zu investieren. Wenn auch die finanzielle Rendite unsicher ist, die emotionale Rendite, nämlich die Freude am Kunstwerk, ist immer ein Investment wert.

 

2 Kommentare zu “Kunst als Kapitalanlage, eine Frage der Rendite

  1. Michael Liebenau schreibt:

    Ein ausgewogener und sachlicher Beitrag. Das Ergebnis teile ich: Man sollte in erster Linie Kunst kaufen, die einen anspricht, mit der man sich auseinandersetzen und leben will. Kunst als Kapitalanlage? Kauft man Originale junger Künstler bedarf es schon sehr viel Gespür für Markttendenzen. Originale arrivierter Künstler kann man nicht bezahlen. Also: Man sollte nur auf ie emotionale Rendite schauen.

    Michael Liebenau

  2. Cornelia und Antonio Ribas schreibt:

    Bei den “Trends” muss man aufpassen: Viele Künstler werden von einem geschickten Management in Trendlisten platziert, geraten oft aber auch schnell wieder in Vergessenheit. Wir kaufen nur, was uns auch wirklich gefällt.

    Cornelia und Antonio Ribas

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